Leseproben

aus dem Buch
Verflixte 30

von Isabell Sommer, erschienen im HELLER VERLAG


Leseprobe 1

Das Taxi setzte sich in Bewegung und Anna-Lena kämpfte tapfer gegen die Schwere ihrer Augenlider. Nach einer knappen Viertelstunde stoppte der Taxifahrer vor Anna-Lenas Wohnanlage.
"So, da wären wir, junge Frau. Soll ich Ihnen noch die Türe aufschließen?" Anna-Lena starrte den Fahrer entgeistert an und stammelte: "Das hättest du wohl gern, ihr Männer seid doch alle gleich!" Taumelnd stand sie auf dem Fußweg und starrte auf die neonerleuchteten Hausnummern. 110, 112, 114, 116. Wie war noch gleich ihre Adresse? Leopoldstraße 116! Das schien ihr die einzig richtige Antwort zu sein. Der Schlüssel für die Haustüre passte perfekt, so dass Anna-Lena keine Sekunde zweifelte, im richtigen Hausaufgang gelandet zu sein. Wie hübsch doch Frau Müller plötzlich ihre Blumenbank gestaltet hatte! Anna-Lena blieb verzückt vor den Blumen stehen. Dafür musste sie ihrer Nachbarin morgen unbedingt ein Lob aussprechen. Im zweiten Stock rechts angekommen, steckte sie den Schlüssel in das Schloss und versuchte die Tür zu öffnen. Aber irgendwie klemmte der Schlüssel und die verdammte Tür ging nicht auf. Wütend trat Anna-Lena dagegen. Das durfte wohl nicht wahr sein, sie hatte andere Dinge zu tun, als sich mit maroden Türschlössern auseinanderzusetzen. Am Montag würde sie der Hausverwaltung eine Mietminderung ankündigen, die sich gewaschen hatte. Nicht mit Anna-Lena Fritsche! Sie trat nochmals gegen die Tür, als ob sich diese dadurch öffnen würde. Plötzlich riss jemand die Tür auf. Anna-Lena erkannte in dem Jemand mit verwuschelten Haaren und blau-weiß gestreiftem Pyjama den Hausmeister der Wohnanlage, Herrn Kramer. Der 67-jährige Rentner tippte sich an die Stirn: "Sagen Sie mal, sind Sie noch ganz gescheit? Warum treten Sie mitten in der Nacht an meine Wohnungstüre?" Anna-Lena lief knallrot an, stammelte etwas von "Oh, eine Verwechselung" und trat verdammt schnell den Rückzug an. Offenbar hatte sie heute wirklich ein bisschen zu tief ins Glas geschaut. Als Anna-Lena wieder nach draußen trat, kam ihr die Erleuchtung. ...


Leseprobe 2

Sofie parkte neben Anna-Lenas Wagen ein, sie stiegen aus und begutachteten den BMW. Das Auto war erst knapp zwei Jahre alt und hatte definitiv noch nie Probleme bereitet.
"Mach doch mal die Motorhaube auf, da wird sich doch irgendein Kabel finden, das wir entfernen können." Anna- Lena öffnete die Motorhaube und sie schauten wie Kfz- Sachverständige prüfend hinein.
"So eine Sabotage ist gar nicht so einfach", lachte Sofie. "Aber weißt du was, ich glaube, das Überzeugendste wird es sein, wenn wir einen Marderbiss vortäuschen. Lenchen, wenn du mit deinen kleinen spitzen Zähnchen hier an dem Kabel ein bisschen nagst, dann kommt bei Tom definitiv kein Zweifel auf." Anna-Lena schaute Sofie entgeistert an, aber nachdem sie selbst keine bessere Idee hatte, beugte sie sich über den Motorraum und knabberte an dem ihr von Sofie zugewiesenen Kabel herum.
"Du darfst nicht zu fest beißen, nur nagen, lass dir Zeit." Sofie beugte sich tief über die Motorhaube, um das Ergebnis zu betrachten.
"Ein bisschen noch, Lenchen. Komm, das bisschen Öl wird dich nicht umbringen."
Die Stille der Tiefgarage wurde durch ein dunkles Räuspern unterbrochen. Herr Dr. Busse war wie aus dem Nichts aufgetaucht und stand plötzlich neben Sofie.
"Ich muss mich wirklich sehr über die merkwürdigen Angestellten dieses Hotels wundern. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich hoffe, es ist wenigstens Ihr Wagen, an dem Sie gerade rumkauen!" Anna-Lena schoss mit dem Kopf nach oben und stieß sich ordentlich an den Motorhaube an. Ihre Lippen waren mit einer Mischung aus Öl, Dreck und Lippenstift verschmiert. Sie bot sicherlich einen erbarmungswürdigen Anblick.
"Oh, Herr Dr. Busse, wie schön." Sofie konterte sofort mit ihrem gekonnten Charme.
"Selbstverständlich ist das der Wagen von Frau Fritsche, sie versucht lediglich eine Reparatur durchzuführen."
Verständnislos starrte Dr. Busse die beiden an. Schulterzuckend erwiderte er, dass es für seine Begriffe äußerst unüblich wäre, einen Wagen auf diese Weise reparieren zu wollen und er doch sehr daran zweifle, dass die Mund- Reparatur zum gewünschten Ergebnis führen würde.
"Wie auch immer, meine Damen. Sie sind außer Dienst, da steht es mir nicht zu, Sie zu kritisieren. Ich wünsche dennoch viel Erfolg. Auf Wiedersehen." Dr. Busse wandte sich ab, stieg in einen silbernen Audi und fuhr mit quietschenden Reifen davon.
"Oh Gott, war das peinlich." Anna-Lena tauchte wieder aus dem Motorraum auf.
"Jetzt schau mal, Sofie, ich denke, so sieht's doch gut aus." Übereinstimmend waren die Freundinnen der Meinung, dass nun der originalgetreu nachgebildete Marderbiss am Kabel entstanden war. Sie bestiegen den Wagen. Und tatsächlich ließ sich der Motor des schwarzen BMW erst nach dem dritten Versuch zünden. Sofie kramte aus ihrer Tasche Feuchttücher, die sie als Vollblutmutter, wenn auch einer immerhin schon 12-Jährigen, immer bei sich trug und reichte sie Anna-Lena. Relativ mühelos ließen sich damit Öl- und Lippenstiftreste von Anna-Lenas Lippen entfernen. Nach einer kurzen Make-up-Erneuerung, das unter der Aktion doch ganz schön gelitten hatte, starteten sie in Richtung Autohaus. ...


Leseprobe 3

David Tamsolak erschien pünktlich um 17.00 Uhr im Day Spa Center und machte ein überraschtes Gesicht, als er die Rezeptionistin im Wellnessbereich des Hotels erblickte.
"Sie sind vom Tellerwäscher bis zum Hotelmanager überall im Hotel im Einsatz, Frau Fritsche." Anna-Lena war auf eine derartige Äußerung vorbereitet und antwortete schlagkräftig: "Unsere Übernachtungspreise lassen - sehr zu unserem Bedauern - keine Aufstockung des Personals zu. Aber seien Sie sicher, bei mir in guten Händen zu sein. Sie dürfen in der Umkleide vorne rechts ablegen." Nach knapp fünf Minuten trat David Tamsolak nur mit einem Handtuch über die Lenden aus der Umkleide. Sein Oberkörper war muskulös und sein Bauch wurde von einem trainierten Six-Pack geziert. Diesen Mann würde sie definitiv auch nicht von der Bettkante stoßen. Anna-Lena ließ den Gast an den diversen Ölen riechen und bat ihn dann auf die Massageliege. Sie ließ ihm das angewärmte Orangenöl über den Rücken laufen und begann die Schulterblätter durchzukneten. Sein Handtuch hatte er noch immer ganz gesittet über den Lenden. Anna-Lena zog ihm bestimmt das Handtuch von seinem Allerwertesten und begann auch dort mit dem Orangenöl zu massieren. …